Internationale Ernst – Wiechert – Gesellschaft e.V.

                                                                                                                                             - IEWG – 

 

                            Gegründet 1989 - Mitglied der ALG - Arbeitsgemeinschaft Literarischer Gesellschaften und Gedenkstätten

 

  

Aus "Jahre und Zeiten" , Sämtliche Werke, Bd.9,  S.739 - 740.

.... ich komme aus einer großen Landschaft, die vieles an mir gebildet hat, und aus jener Einsamkeit, in der ein Mensch noch wachsen und werden kann...

Ich hatte das Glück, daß zu Beginn meines Lebens nur große Dinge um mich standen und daß sie große Schatten warfen. Nicht ein Hinterhaus, eine Mietwohnung, eine gepflasterte Erde. Sondern daß der Wald da war, ein großer Wald, große Wolken an einem großen Himmel und es war etwas wie Unendlichkeit darin...

Es war nichts Kleines da, keine Zeitung, kein Lautsprecher, kein Geschwätz an jeder Straßenecke. Der »liebe Gott« ging noch durch den Wald, ganz allein, und seine Fußspuren leuchteten. Und ringsum waren die Tiere und die Vögel. Nicht hinter Gittern mit Namenschildern, sondern freie Tiere, zeitlos, wie »am Anfang«

 

Bild: Ufer am Lampaschsee bei Sorquitten/Heinrichshöfen

 

 

 

Ernst Wiecherts Lebensweg  -  Stufen einer dichterischen Entwicklung 

 

1887-1898 

Geburt am 18.Mai 1887 in Kleinort, Kreis Sensburg/ Ostpreußen. Eine Kindheit in den Wäldern Masurens, überschattet vom Tod des jüngeren Bruders. 

1898-1905 

Schulzeit in Königsberg (Pr.). Erlebnis des ernüchternden Gegensatzes zwischen der lauten Stadt und dem friedlicheren Leben zu Hause auf dem Land, in das Wiechert während der Ferien heimkehrt. Der Zeitkritiker: Freiheit und Verantwortung 

1905-1911 

Studium an der Albertus-Universität zu Königsberg (Pr.): Englisch, Deutsch, Philosophie, Erdkunde, Naturwissenschaften. Staatsexamen 1911. 

1911-1914 

Ausbildung und Schuldienst am Friedrichskolleg und an der Burgschule in Königsberg (Pr.). 1912 Heirat mit Meta, geb. Mittelstädt. 1912 Freitod der Mutter. 

1914-1918 

Teilnahme am Ersten Weltkrieg; verwundet; Leutnant der Reserve. Bleibende negative Eindrücke von der kulturellen Veränderung im Land, die in den Frühwerken Niederschlag finden. 1917 Geburt und Tod seines einzigen Kindes Ernst-Edgar.

1919 -1930 

Völkische Phase seiner Dichtung bis 1922. Widerstand gegen seine Reformpädagogik. Es entstehen Der Wald / Der Totenwolf / Die blauen Schwingen / Der Knecht Gottes Andreas Nyland / Der silberne Wagen / Geschichte eines Knaben / Die kleine Passion. 

Studienrat am Staatlichen Hufengymnasium in Königsberg (Pr.) Studienrat, 

1929 Freitod seiner Frau Meta. 

1930  Übersiedlung nach Berlin. Dort Schuldienst am Kaiserin-Augusta-Gymnasium in Charlottenburg. 

1932 Heirat mit Paula Marie Junker, genannt Lilje, geb. Schlenther

Es entstehen Die Flöte des Pan / Jedermann/ Die Magd des Jürgen Doskocil. 

1933-1936 

Ausscheiden aus dem Schuldienst und Umzug nach Bayern nach Ambach am Starnberger See. Bau seines Wohnhauses, des  Hof Gagert bei Wolfratshausen.

Die Werke Die Majorin. / Der Todeskandidat / Hirtennovelle / Wälder und Menschen  entstehen

Mutige Reden 1933 und 1935 in der Universität München, die Wiechert in das Visier der Nationalsozialisten geraten lassen.

1937 Tod des Vaters. 

1938 Haft und KZ Buchenwald wegen seiner mutigen und konkreten Oppositionshandlungen, besonders wegen seines Eintretens für Pfarrer Niemöller. Tiefe seelische Erschütterungen und starke gesundheitliche Schäden. 

Es entstehen Das Heilige Jahr / Das einfache Leben / Die Jeromin-Kinder / Märchen / Der weiße Büffel / Der Totenwald. Die meisten dieser Werke wurden erst nach 1945 veröffentlicht. 

Nach dem Zweiten Weltkrieg zunehmende Verbitterung über die Zustände in Deutschland und das Fehlen einer moralischen Wende. 

1948-1950 Übersiedlung in die Schweiz auf den Rütihof bei Ürikon am Zürichsee. 

1949 Vortragsreisen in die USA, nach Holland und Österreich. 

Es entsteht Jahre und Zeiten. Wiecherts letztes Werk Missa sine nomine (1950) ist als Summe seines Lebens und seines literarischen Werkes anzusehen. Es ist geprägt von seiner KZ-Erfahrung, vom Heimatverlust und von Erfahrungen mit der Unbußfertigkeit seiner Landsleute in Deutschland.

Ernst Wiechert starb am 24. August 1950 in Ürikon und wurde unweit davon in Stäfa/Zürichsee beerdigt. 

Ernst Wiechert ist ein Dichter mit einer wahrhaftigen, wortmächtigen und bildreichen Sprache gegen Oberflächlichkeit, Banalität und Lüge. Ernst Wiechert ist ein Dichter des Schweigens, der Stille und der Natur gegen das Gebrüll und den Lärm der Welt und der Zivilisation. 

Ernst Wiechert ist ein Dichter der Menschlichkeit und der Liebe gegen Verrohung und Hass. 

Ernst Wiechert ist ein Dichter, der die Jugend begeistern konnte und ihnen Wegweisung gab gegen Verführung und Feigheit. Er war ein engagierter Pädagoge, von seinen Schülern hoch verehrt. 

 

 

„Ich bitte und beschwöre Sie heute, sich nicht verführen zu lassen, 

zu schweigen, wenn das Gewissen Ihnen zu reden befiehlt und niemals, meine Freunde, 

niemals zu dem Heer der Tausenden und Abertausenden zu gehören, von denen gesagt ist, 

daß sie ‚Angst in der Welt‘ haben, weil nichts und nichts das Mark eines Mannes

 und eines Volkes so zerfrißt wie die Feigheit.“ 

 

Rede am 16.04.1935 im Auditorium Maximum der Uni München.

 

 

 

Werkauswahl

 

Autobiographisches:

Wälder und Menschen. Eine Jugend. 1936.
Der Totenwald. Ein Bericht. 1945.
Jahre und Zeiten. Erinnerungen. 1949.
Häftling Nr. 7188. Tagebuchnotizen und Briefe. 1966.

 

Gesamtausgaben:

Sämtliche Werke. In 10 Bänden. 1957.
Gesammelte Werke. In 5 Bänden. 1980.

 

Romane, Erzählungen, Novellen, Märchen:

Die Flucht. Roman. (Unter dem Pseudonym: Ernst Barany Bjell). 1916.
Der Wald. Roman. 1922.
Der Totenwolf. Roman. 1924.
Die blauen Schwingen. Roman. 1925.
Der Knecht Gottes Andreas Nyland. Roman. 1926.
Der silberne Wagen. Novellen. 1928.
Die kleine Passion. Roman. 1929.
Die Flöte des Pan. Novellen. 1930.
Jedermann. Geschichte eines Namenlosen. 1932.
Die Magd des Jürgen Doskocil. Roman. 1932.
Der Exote. Roman. (Geschrieben 1932). 1951
Die Majorin. Roman. 1934.
Hirtennovelle. 1935.
Das heilige Jahr. Fünf Novellen. 1936.
Der weiße Büffel oder Von der großen Gerechtigkeit. (Geschrieben 1937). 1946.
Das einfache Leben. Roman. 1939.
Die Jeromin-Kinder. Roman. Band 1. 1945.
Märchen. In zwei Bänden. 1946.
Die Furchen der Armen. Roman. (Die Jeromin-Kinder, Band 2). 1947.
Missa sine nomine. Roman. 1950.

 

Spiele, Gedichte, Reden, Betrachtungen:

Der Dichter und die Jugend. Rede. 1933.
Das Spiel vom deutschen Bettelmann. 1933.
Der verlorene Sohn. Schauspiel. 1935.
Totenmesse. Eine Dichtung. 1945.
Okay oder Die Unsterblichen. Eine ernsthafte Komödie. 1946.
Das zerstörte Menschengesicht. Goethe-Rede 1947. 1948.
Die letzten Lieder. 1951.
Es geht ein Pflüger übers Land. Betrachtungen und Erzählungen. 1951.
An die deutsche Jugend. Vier Reden. 1952.
Meine Gedichte. 1952.

 

Ja, sehr viele Schweigsame gibt es in unserem Lärm.

Leise gehen sie beiseite und bedenken, wie der Rausch 

der Zeit sich verwandeln ließe in ein kleines Wort der Ewigkeit.

Ernst Wiechert

 

 

 

 

Abendlied auf dem Rütihof 

So habe als Kind ich gesessen, das Holz der Schwelle ist warm, 
ich habe mein Leben vergessen, ich bin wie in der Mutter Arm. 
Die Grillen rufen und geigen so wie in der Kinderzeit, 
die goldenen Sterne steigen, die Welt ist still und weit.
 Ich falte meine müden Hände, sie haben ihr Tagwerk vollbracht, 
mir ist es, als ob ich fände nach Hause noch diese Nacht. 
Was mich gelockt und bekümmert, ist wie ein Traum so fern, 
über meinem Garten schimmert sanft der Abendstern. 

 

©Copyright. Alle Rechte vorbehalten.

Wir benötigen Ihre Zustimmung zum Laden der Übersetzungen

Wir nutzen einen Drittanbieter-Service, um den Inhalt der Website zu übersetzen, der möglicherweise Daten über Ihre Aktivitäten sammelt. Bitte prüfen Sie die Details und akzeptieren Sie den Dienst, um die Übersetzungen zu sehen.